Fehler wie mangelhafte Hygiene entlang der Lieferkette vom Acker bis zum Teller können eine gesundheitliche Gefahr für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeuten. Samstag ist Welttag der Lebensmittelsicherheit. Lebensmittelmagazin.de nimmt das Thema unter die Lupe.
„Cook it, boil it, peel it, or leave it” lautet das Essens-Mantra jedes Backpackers zwischen Marrakesch und Bangkok, wenn man nicht die Zeit mit verdorbenem Magen verbringen möchte.
Augen auf, nicht nur beim Eierkauf
Aber nicht nur in fernen Ländern muss man mit dem Essen aufpassen, auch hier in Deutschland ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Lebensmittelrückrufe in Deutschland kontinuierlich angestiegen, wie man in der Statistik des Portals lebensmittelwarnung.de erkennen kann. Waren es 2011 noch 24 Meldungen, so liegt die Zahl seit 2022 bei rund 310 Rückrufen. ABER – ein Trugschluss wäre es jetzt zu glauben, dass sich die hygienischen Zustände und die Produktionsqualität im Laufe der Zeit verschlechtert hätten, ganz im Gegenteil: Verbesserte Tests und technische Innovationen ermöglichen optimierte Analysemethoden, so sind immer feinere Verunreinigungen nachzuweisen. Gleichzeitig werden auch manches Mal die zulässigen Höchstmengen abgesenkt. Diese engeren Toleranzen führen dann eben auch zu mehr Rückrufen. Das heißt, die Lebensmittelsicherheit ist auf einem hohen Niveau und der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher steht an erster Stelle.
Rückpfiff
Lebensmittelhersteller nehmen ihre Verantwortung ernst und informieren offen und schnell über Rückrufe. Große Unterstützung bieten dabei Online-Plattformen wie lebensmittelwarnung.de, die anstelle früherer Zettelwirtschaften an Supermarktkassen eine zentrale Übersicht als Plattform für die Veröffentlichung von Rückrufen bieten.

Gründe für eben solche Rückrufe sind neben Fehler bei der Verpackungskennzeichnung, beispielsweise bei den Allergenangaben, z. B. etwaige Fremdkörper aus Glas, Metall, Holz oder Plastik sowie Verunreinigung mit Schadstoffen, oftmals mikrobiologische Kontaminationen mit Viren, Bakterien oder Schimmelpilzen, die nicht nur für eine schnellere Verderbnis sorgen, sondern entweder selbst eine Gesundheitsgefahr sind oder gesundheitsgefährdende Stoffe bilden.
Krankmacher
Jeden Tag erkranken weltweit durchschnittlich 1,6 Millionen Menschen an durch unsichere Lebensmittel verursachten Krankheiten. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen belaufen sich die wirtschaftlichen Verluste durch lebensmittelbedingte Krankheiten auf jährlich 110 Milliarden US-Dollar. Unter den vielen Mikrobenstämmen kennt man beispielsweise Salmonellen, Clostridium Botulinum, Listerien, E. coli, besonders enterohämorrhagische E. coli (EHEC), aber auch Noro- und Rotaviren und der Toxoplasmose verursachende Katzen-Parasit Toxoplasma gondii.
Diese Erreger verursachen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 200 Krankheiten mit durchaus unterschiedlich starken Verläufen, von Durchfall und Erbrechen bis Erkrankungen, deren Verlauf tödlich enden kann. Betroffen sind vor allem Kinder und Ältere sowie Schwangere und Personen mit geschwächtem Immunsystem.
Und vor jedem Essen…
Unter dem Motto „Lebensmittelsicherheit: Wissenschaft im Einsatz“ rücken deshalb die WHO und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Welttag der Lebensmittelsicherheit die wissenschaftlichen Maßnahmen zur Sicherung von Lebensmittel in den Fokus. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind zentral für die Lebensmittelsicherheit – von der Risikoanalyse über die Entwicklung von Richtlinien bis hin zur Schulung von Fachkräften. Ohne wissenschaftlich fundierte Maßnahmen wäre beispielsweise das Monitoring komplexer globaler Lieferketten unmöglich.
…Händewaschen nicht vergessen
Das beginnt schon mit exakt definierten Hygienestandards und -maßnahmen bereits bei der Produktion, wie Ernte bzw. Rohmilch und Schlachtung. Dazu gehört grundlegend erstmal die Einhaltung allgemeiner Hygienevorschriften wie sie in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 festgelegt sind: die Verhinderung von Kontamination, die richtige Instandhaltung und Reinigung von Anlagen und Ausrüstungen, die sichere Lagerung von Abfällen und die Einhaltung der Personalhygiene. Das bedeutet beispielsweise bei der Abfalllagerung die Vermeidung von Schädlingsbefall und Geruchsbildung durch ordnungsgemäße Lagerung von Abfällen. Bei der Personalhygiene gilt: Regelmäßiges Händewaschen, Tragen von geeigneter Schutzkleidung und Vermeidung von Verhaltensweisen, die die Lebensmittel kontaminieren könnten (z. B. Husten oder Niesen). Ähnliches gilt auch in der Verarbeitung und im Handel, wo beispielsweise Kühlkette eingehalten werden müssen und kühlpflichtige Lebensmittel unter den vorgeschriebenen Temperaturen gelagert und bestimmte Maximaltemperaturen nicht überschritten werden.

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Standardmäßig
Viele Betriebe nutzen das HACCP-Konzept (kurz für Hazard Analysis and Critical Control Points), ein System zur Qualitätssicherung und Gefahrenanalyse in der Lebensmittelherstellung und –verarbeitung.
HACCP-Systeme basieren auf sieben Prinzipien:
- Der Identifizierung potenzieller Gefahren.
- Der Festlegung von kritischen Kontrollpunkten.
- Festlegung von Grenzwerten für die kritischen Kontrollpunkte.
- Überwachung der kritischen Kontrollpunkte.
- Festlegung von Korrekturmaßnahmen bei Abweichungen.
- Implementierung von Verfahren zur Dokumentation und Überprüfung.
- Überprüfung und Anpassung des HACCP-Systems.


Am heimischen Herd
Die Verantwortung zur Vermeidung des mikrobiellen Risikos endet allerdings nicht an der Supermarktkasse, sondern muss auch in Privathaushalten berücksichtigt werden. Dazu gehört der richtige Umgang mit Lebensmitteln im Kühlschrank, wie die Zuordnung der Lebensmittel in die richtigen Kühlzonen. Auch die Hygieneaspekte hören im Haushalt nicht auf und gelten prinzipiell genauso wie beim Handel und der Produktion. So ist es beispielsweise wichtig, sensible Lebensmittel wie rohes Fleisch, die man nur durchgegart genießen sollte, von potentiell roh zu genießenden Lebensmitteln fernzuhalten. Also sollten Fleisch und Gemüse insbesondere als Salat, auf unterschiedlichen Oberflächen, z. B. Brettern, mit verschiedenen Messern geschnitten werden, um beispielsweise hitzeempfindliche Salmonellen nicht zu übertragen.

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Vielfalt technischer Möglichkeiten
Und was bringt die Zukunft? Viele Herausforderungen, denn Lebensmittelsicherheit wird mittlerweile global gedacht dank weltweiter Lieferketten, neuer Rohstoffe und auch neuer Technologien, die zum Einsatz kommen, wie Präzisionsfermentation. Ein zentrales Thema für die Lebensmittelsicherheit ist zudem – wie in vielen anderen Bereichen auch – der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Früherkennung von Risiken entlang der Lieferkette. Moderne Algorithmen können aus großen Datenmengen – etwa aus Rückrufen, Audits, Sensorwerten oder Umweltfaktoren – Risikomuster erkennen und präventive Handlungsempfehlungen geben. Auch Dokumentationen können mit Hilfe von KI schneller und effizienter gestaltet werden.
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