Gastgewerbe in Corona-Zeiten: Mehr als nur ein Tisch oder Bett frei

Tassen am Frühstücksbuffet

Fast 100 Prozent Ausfall an Einnahmen bei weiterlaufenden Kosten die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie treffen nicht viele Branchen so hart wie die Gastronomie und das weitere Hotel- und Gastgewerbe. Wie die Situation einer Betroffenen aussieht.

„Ich überlege jetzt jeden Monat, wie ich meine Mitarbeiter bezahle“, sagt Jasmina Esfahani, seit 2016 Besitzerin des Hotels zur goldenen Sonne in Usingen im Hintertaunus. Kurzarbeit für die vier Angestellten ist beantragt, bis dahin muss sie in Vorlage treten. Luft sei noch bis nächsten Monat, danach müsse sie im schlimmsten Fall kündigen. Das Hotel hat 18 Zimmer mit 27 Betten und liegt im Einzugsgebiet Frankfurt am Main, alles Betten für Messebesucher. „Schon vier große Messen sind weggefallen, bei völliger Ungewissheit, wie es weitergeht“. Zusammen mit ihrer Hausbank erstellt sie einen Antrag für einen KfW-Kredit – „schnell und unbürokratisch“ hat die Politik versprochen.

Schnell und unbürokratisch?

Um zwischen den unterschiedlichen Kreditmodellen das passende für Jasmina Esfahanis Hotel herauszufinden, benötigt der Sachbearbeiter ihrer Hausbank diverse Unterlagen, darunter beispielsweise die Einkommensteuererklärung von 2019, die natürlich beim Steuerberater noch nicht fertig ist, sowie auch einen Liquiditätsplan für die kommenden zwölf Monate. Doch weder die Hotelbesitzerin noch der Hausbankberater können in die Kristallkugel gucken: „Wir können noch nicht abschätzen, wie schnell der Antrag abgewickelt wird und welche Summe am Ende dabei herauskommt?“, lautet die Aussicht.

Kein Frühstücksbuffet, keine Lunchpakete

Aufgrund der Anweisungen seitens der Regierung ist das Hotel für Touristen geschlossen. Der Fokus liegt jetzt auf beruflichen Gästen: Technikern, Monteuren und Ingenieuren werden mit Paketpreisen gelockt. Unter den gegenwärtigen Umständen kann sie ihren Gästen allerdings zum Beispiel auch kein Frühstücksbuffet anbieten. Lunchpakete als Alternative werden nicht gefragt. Dafür können sich die Gäste beim Bäcker eine günstigere Alternative suchen, die nur mit 7 Prozent besteuert wird, im Hotel sind es nach wie vor 19 Prozent.

Für den Worst Case und der abgesicherten Stundung aller Kredite spielt sie mit dem Gedanken der Betriebsschließungsversicherung. Diese träte in Kraft, sobald das Gesundheitsamt die Bestätigung ausstellen würde. Aber auch dieser Schritt berge Risiken, denn auch hier ist nicht sicher gewährleistet, wie hoch der Erlös ist oder wie lange die Schließungsperiode dauert.

Silberstreif am Horizont?

Zum 6. April lagen der KfW-Bank 5.007 Kreditanträge vor, die seit dem 23. März eingegangen sind, natürlich sämtliche Wirtschaftszweige umfassend. 4.415 dieser Anträge belaufen sich auf ein Antragsvolumen unter drei Millionen Euro. „Ein erheblicher Teil dieser kleineren Kreditanträge sind bereits zugesagt“, bekräftigt der stellvertretende KfW-Pressesprecher Wolfram Schweickhardt auf Nachfrage per E-Mail. Die Befürchtung, die KfW könne erst verzögert im April aktiv werden, werde damit zerstreut: „Der April-Termin betrifft das Binnenverhältnis zwischen KfW und den durchleitenden Banken. Für das KfW-Sonderprogramm mussten im IT-System sowohl bei der KfW als auch bei den Banken einige Veränderungen vorgenommen werden, damit Kreditzusage der KfW und Bereitstellung der Mittel durch die KfW synchron erfolgen. Dies ist inzwischen der Fall.“

Schnell und unbürokratisch, aber …

Im Vergleich zum Katalog an Unterlagen und Nachweisen, den Jasmina Esfahani ihrem Bankberater vorlegegen musste, liest sich die Reaktion seitens der KfW überraschend nüchtern und pragmatisch: „Wie jedes Darlehen erfordern auch Kredite aus dem KfW-Sonderprogramm eine Kreditprüfung. Diese obliegt den durchleitenden Banken – in der Regel den Hausbanken: Dies bedeutet, dass die KfW erst agieren kann, wenn die von den Banken zugesagten Kreditanträge bei ihr eintreffen. Die KfW nimmt den durchleitenden Banken 90 Prozent des Kreditrisikos ab – bei größeren Unternehmen 80 Prozent –, um ihnen die Vergabe von Krediten zu erleichtern.“ 

Bei Kreditanträgen bis 3 Mio. Euro erfolge die Kreditzusage durch die KfW trotz der Haftungsfreistellung ohne weitere Prüfung durch die KfW. Dies geschehe auf der Basis einer digitalen Plattform, auf der die Banken und die KfW miteinander verbunden sind, so dass die Zusage der KfW innerhalb weniger Minuten und die folgende Auszahlung innerhalb weniger Stunden erfolgen kann. Bei Kreditanträgen bis 10 Mio. Euro führe die KfW eine beschleunigte und vereinfachte Kreditprüfung durch, die etwa 2 bis 3 Tage in Anspruch nimmt. Bei Kreditanträgen ab 10 Mio. Euro erfolge eine eigene Kreditprüfung durch die KfW, die dann etwa eine Woche dauern kann.

„Nach den Rückmeldungen, die wir von Unternehmen und Medien erhalten, handhaben die Banken den Kreditprüfungsprozess unterschiedlich. Eine generelle Verweigerungshaltung der Banken können wir aber nicht feststellen“. Kund:innen wie Jasmina Esfahani rät Wolfram Schweickhardt: „Unternehmen, die einen KfW-Sonderkredit in Anspruch nehmen möchten, empfehlen wir, sich vorab bei uns über die Voraussetzungen und Zugangswege zu informieren.“ Hierzu biete die KfW auf ihrer Website ein interaktives Tool, mit dem der Kreditantrag schon vor dem Termin bei der Hausbank vorbereitet werden kann. Zudem stehe ein kostenfreies telefonisches Infocenter für persönliche Beratung zur Verfügung (erreichbar unter 0800 539-9000).

Hoffnung stirbt zuletzt

Es bleibt für das Hotel Zur goldenen Sonne und den vielen anderen Hotels, Restaurants, Clubs, Gaststätten zu hoffen, mit einem zeitnahen Kredit die Zeit der Schließungsmaßnahmen durchstehen zu können und auf eine baldige, erfolgreiche Saison „danach“ zu hoffen. Es gibt etliches nachzuholen, wirtschaftlich wie sozial.

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Artikelbild (oben): Tatyana A. / somepie – stock.adobe.com

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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