Kaffeevielfalt in der Berliner Kaffeerösterei

Nachgeschenkt: Ein informativer Nachtrag zum Tag des Kaffees

Egal ob als Wiederbelebungsmittel, Meditation oder zum Abrunden eines vorzüglichen Mahls: Kaffee ist in aller Munde und passt immer. Dem Lieblingsgetränk der Deutschen soll daher noch ein Artikel gewidmet sein. Wir haben im Nachgang des Tags des Kaffees die Berliner Kaffeerösterei besucht.

„Für mich wie immer, bitte und für Sie?“ – „Dasselbe!“

Der Kellner serviert die „sizilianischen Espressi“ im Café der Berliner Kaffeerösterei unweit des Ku’damms. Geschäftsführer Stefan Richter wirft einen kritischen Blick in die Tassen. „Crema ist in Ordnung“. Sizilianisch seien die Espressi, weil sie tief geröstet wurden, mit höherem Robustaanteil. Ein Schluck, sehr aromatisch, aber nicht wuchtig, fängt gut an!

Eine süße Frage

Zunächst die wichtige Frage einer lebensmittelmagazin.de-Leserin, wie man bitte Schokoladenkaffee ohne Schokolade mache. Die Antwort ist recht ernüchternd: Schokoladenkaffee sei normalerweise mit Aromaöl besprüht. „Ich habe es nur einmal erlebt, bei indonesischen Gaylo Longberry Wahana Estate, der von sich aus ein außergewöhnliches schokoladiges Aroma mitbringt. Gaylo Longberry Wahana Estate kommt das nächste Mal übrigens Ende November.“ Ähnlich, aber wesentlich dominanter sei das tiefe Lebkuchenaroma in „Fragrance“ und „Flavour“ vom Juanachute-Kaffee, „sowas habe ich vorher wirklich nicht erlebt.“

Berliner Kaffeerösterei Ku'damm
Hier dreht sich alles um die Bohne: Filiale der Berliner Kaffeerösterei Ku’Damm.
Foto: Johannes / lebensmittelmagazin.de

Was man so im Kaffeesatz liest

Kaffee wird auf der ganzen Welt angebaut, vor allem in Südamerika. Dabei stammen die Kaffeepflanzen nachweislich aus Äthiopien. Nicht ganz so gesichert ist die Legende, nach der sich ein äthiopischer Hirte über seine belebten Tiere wunderte, nachdem sie die kirschenähnlichen Früchte gefressen hatten. Auf diese Weise sei der Kaffee entdeckt worden.

Etwas gesicherter ist dann die Information, dass der Arabica-Kaffee aus Äthiopien und der Robusta aus dem Kongo stammt. Er wurde die gesamte arabische Halbinsel populär – mit Kaffeehäusern, „Kaveh Kanes“, in Mekka, Medina und Aden, sowie Kairo – bis er sich im Osmanischen Reich etablierte. Im Jahr 1554 eröffnete in Konstantinopel das erste europäische Kaffeehaus. 1615 kam der Kaffee nach Süd- und Mittel-Europa und in Venedig eröffnete Mitte des 17. Jahrhundert das Bottega del Café. Oxford, Hamburg, Wien und Paris zogen nach.

Einmal vom anderen Ende der Welt

Stammt der Kaffee ursprünglich aus Afrika, so ist Südamerika durch den Lauf der Kolonialgeschichte Hauptanbaugebiet geworden. Die Holländer führten Kaffee 1718 in Surinam ein.

Kaffee aus Kolumbien
„La Claudina“: Kaffee aus Kolumbien.
Foto: Johannes / lebensmittelmagazin.de

Einmal pro Jahr ist Kaffeeernte, auch wenn es in den Breitengraden 10 Grad ober- und unterhalb des Äquators kaum Jahreszeiten, lediglich den Wechsel von trocken- und Regenperioden gibt. Dabei benötigt die Kaffeepflanze jährlich mindestens 1.500 Millimeter Niederschlag. „Einzig begrenzendes Element sind Temperaturen unter 10 Grad, bei denen die Blüten des Kaffeebaums und damit die ganze Ernte sofort zerstört werden, da muss man beispielsweise bei 1.500 Metern Höhe aufpassen. In frostgefährdeten Regionen Brasiliens wird im Zuge dessen beispielsweise gar kein Kaffee mehr angebaut.“

Bezüglich der Anbaugebiete brennt eine Frage unter den Nägeln: Was ist das besondere an Jamaica Blue Mountain, dem teuersten Kaffee der Welt? „Es ist keineswegs so, dass der vierfache Preis hierfür einem vierfach besseren Geschmack entspräche. Es ist ein guter Kaffee, aber wenn Sie bei der Verkostung keinen Unterschied zu anderen guten Kaffees schmecken, freuen Sie sich! Tatsächlich basiert der Preis auf dem Seltenheitswert. Sie könnten auch Blue Mountain aus Indonesien trinken, aber wollen Sie das?“

Robusta vs. Arabica

Bei den Kaffeepflanzen unterscheidet man zwischen Robusta und Arabica. Neben dem Aufwand bei Anbau – denn Arabica-Pflanzen sind wesentlich pflegeintensiver – liegt der maßgebliche Unterschied beim Koffeingehalt im Rohkaffee beider Pflanzen. Bei Robusta liegt dieser bei 4 Prozent, während Arabica bei 2 Prozent liegt.

Im Tiefland wird der Robusta angebaut, während der Arabica in seiner günstigsten Variante von Good Washed in 700 Metern anfängt. „Koffein ist die Waffe der Pflanze gegen Fressfeinde, beispielsweise gegen den Kaffeekirschenbohrer. Je höher das Anbaugebiet liegt umso tiefer liegt der Koffeingehalt. Bei Strictly Hard Beans, die auf 1.300 Meter über dem Meeresspiegel angebaut werden liegt der Koffeingehalt dann nur noch bei 1,3 Prozent.“

Kaffeebohnen
Kaffeebohnen.
Foto: Johannes / lebensmittelmagazin.de

Konferenzkaffee

Neben den Koffein unterscheidet sich der Gehalt der Chlorogensäure zwischen Robusta mit 11 Prozent und Arabica 6,5 Prozent. „Auch wenn die Chlorogensäure verantwortlich für die Antioxidantien im Kaffee ist, so ist sie doch die Ursache, wenn der Kaffee auf den Magen schlägt“, erklärt der Kaffeeexperte. „Noch aus einem anderen Grund ist die Chlorogensäure bemerkenswert: Man kennt das vielleicht von der Arbeit, Kaffee aus der großen Thermoskanne. Nach einer halben Stunde hat sich das Aroma komplett abgebaut. Nach 2 Stunden allerdings muss ich als Fachmann Ihnen dringend davon abraten, noch den Kaffee zu trinken. Aus der Chlorogensäure haben sich inzwischen Prozesssäuren gebildet und die sind definitiv nicht mehr bekömmlich.“

Grasige Zitrusnote oder karamelliges Leder?

Stefan Richter erinnert sich, dass es im Zuge einer Starbucks-Kampagne für Getränke mit grünen Kaffee eine verstärkte Nachfrage von Kunden für Rohkaffee gab: „Ich war doch sehr verwundert, als ich erfuhr, dass sie direkt daraus Kaffee kochen wollten. Ich möchte nicht wissen, wie das Ihnen bekommen ist.“ Tatsächlich aber sei es so, dass beispielsweise in skandinavischen Ländern der Kaffee wesentlich schwächer geröstet wird als beispielsweise in Spanien oder Italien. „Es gibt dazu die Theorie, dass das nordeuropäische Geschmacksempfinden bitter mit giftig stärker assoziiert, während in Südeuropa das sauer-fruchtige für Verderbnis steht. Aus unternehmerischer Sicht kann ich sagen, dass das Gros unserer Kunden keine Anhänger der Third Wave ist, die der nordeuropäischen Variante nähersteht.“

Alles verbrannt

Stattdessen hätten die meisten Kunden zu Hause einen Vollautomaten, „also für Schümli geeignet“. das bedeutet, dass manche Sorten aus dem Filterkaffeesortiment besser für den Vollautomaten geeignet sind. Warum man im Vollautomaten für einen Kaffee durchaus Espressobohnen nehmen kann, aber für ein Espresso keine Kaffeebohnen: „Espresso ist eine Brühmethode mit hoher Extraktion. Filterkaffee hat generell einen höheren Säuregehalt, da er vergleichsweise heller geröstet wird. Ein Espresso vom Filterkaffee wäre demnach viel zu sauer.“

Auch vor zu tief geröstetem Kaffee hat Stefan Richter seine Vorbehalte: „So kann man billigen Kaffee produzieren, in kurzer Zeit mit hoher Temperatur.“

Außerdem könne man so „alles“ zu Kaffee rösten. „Kaffeebohnen werden sukzessive mit der Hand geerntet, weil längst nicht alle Kirschen zur gleichen Zeit reif sind.“ Natürlich wäre es wesentlich günstiger, einfach mit der Erntemaschine über die Plantage zu fahren. Dann kämen alle Kirschen, egal ob rot, gelb oder sogar noch grün, das eine oder andere Blatt und Ästchen mit rein. Egal, nach dem tiefen Rösten und Mahlen wäre alles Kaffee.

Kaffeekultur

Dementsprechend bedeutet Kaffeekultur und Kaffeespezialitäten für den Besitzer der Berliner Kaffeerösterei in seinem Haus in erster Linie ein gebrühter Kaffee von allen seinen Sorten, in bester Qualität und individuell, regionalen geschmacklichen Charakteristika.

Mit den Kaffeespezialitäten sei das auch so eine Sache. „Das wichtigste ist, dass Kaffeekultur bedeutet, die Einzelheiten der unterschiedlichen Getränke auszuarbeiten, anstatt immer dasselbe Milchkaffeegetränk in unterschiedlichen Gefäßen zu servieren.“ So sei ein Flat White ein Cappuccino mit einem extra Espresso-Shot und nichts anderes, so der Kaffeeexperte. Auch würde es bei Italienern regelmäßig zu Amüsement führen, Cappuccino als italienische Kaffeespezialität zu bezeichnen. „Typisch italienisch ist ein Espresso Macchiato. Der Cappuccino wurde als Kapuziner in Österreich erfunden. Und der Latte Macchiato stammt aus den USA, wo in den 80er Jahren in San Francisco das erste Mal Sirup in den Kaffee geschüttet wurde.“

Für diejenigen, die auch zu Hause über Kaffeespezialitäten per Knopfdruck eines Vollautomaten nachdenken, hat Stefan Richter noch die Empfehlung parat, dass die Milchzuführung hygienisch problematisch sein und durchaus zu Unverträglichkeiten führen könne: „Eine Wasserdampfdüse ist am besten, weil sie relativ einfach zu reinigen ist.“

Tag des Kaffees

Der Tag des Kaffees ist jedes Jahr am 1. Oktober. Unser Artikel erscheint eine Woche danach, nachgeschenkt sozusagen.

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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