Convenience-Produkte haben in der Coronakrise an Relevanz gewonnen, da sie Antworten auf veränderte Ansprüche in der Gesellschaft geben. Das ist eines der Ergebnisse einer neuen Studie zu Auswirkungen der Pandemie auf das Ernährungsverhalten.
Die Coronakrise habe zu Veränderungen im Ernährungs-, Koch-, Ess- und Einkaufsverhalten geführt, die sich zum Teil auch langfristig halten könnten, erklärt das Institut Rheingold in einer Mitteilung von heute. Im Auftrag des Verbands Kulinaria Deutschland hat das Kölner Markt- und Meinungsforschungsinstitut eine qualitative Studie mit tiefenpsychologischen Interviews durchgeführt. Dabei wurde unter anderem die Nutzung verschiedener kulinarischen Lebensmittel wie Suppen, Eintöpfe, Saucen, Backmischungen, Desserts, Feinkost, Salate, Essig und Senf untersucht.
Erdung und Vereinfachung
Während in den ersten Monaten des Umgangs mit der COIVD-19-Pandemie insbesondere die Vorratshaltung von hoher Bedeutung war, bis hin zum Phänomen der Hamsterkäufe, befinde sich die Gesellschaft nun in einer „Zwischenwelt, die noch eine ganze Weile andauern wird und in der sich neue Routinen etablieren und festigen“, so Rheingold. Die gestiegene Verbreitung und Akzeptanz von Heimarbeit und Homeoffice werden erhalten bleiben und daher die kulinarische Versorgung Zuhause weiterhin von hoher Relevanz sein, prophezeit Rheingold. Die Grunderfahrung einer „stärkeren Erdung der Ansprüche und Offenheit für Vereinfachung“ wirke auch über die Zeit der Corona-Beschränkungen hinaus.
Treiber für ein verändertes Ernährungsverhalten
Mit Blick auf Veränderungen des Ernährungsverhaltens hat Rheingold in seiner Studie 6 zentrale Treiber identifiziert:
- Versorgung sichern: Aus der Erfahrung einer teilweise begrenzten Verfügbarkeit von Produkten sowie aufgrund des eingeschränkten Einkaufserlebnisses (u.a. Maskenpflicht), werden weiterhin verstärkt Vorratshaltung und Plankäufe getätigt.
- Alltag strukturieren: Home-Office (und Home-Schooling) bilden eine Herausforderung für die eigene Tagesstrukturierung. Mahlzeiten und Snacks werden als Marker für die Zwischenetappen im Tagesverlauf genutzt, wodurch die Anzahl der Verzehranlässe gestiegen ist.
- Gemeinschaft pflegen: Das gemeinsame Essen wird zur zentralen Begegnungsstätte, „bei der auch Sorgen und Nöte auf den Tisch kommen“, so Rheingold. Die Reaktivierung des Familientischs werde als sehr positiv erlebt, da hier der Kontakt zu Partner:in und (älteren) Kindern intensiviert wird. Statt Ernährungsidealen sei es nun wichtiger geworden, das Wir-Gefühl zu stärken, im Sinne eines „Wir schaffen das!“.
- Tristesse kompensieren: Die vielfältigen, anhaltenden Begrenzungen werden als ermüdend bis deprimierend erlebt. Essen biete eine (gewisse) Kompensation und wird gezielt zur Stimmungsmodulation eingesetzt: Abwechslung, Inspiration, Spannung, Schärfe, Überraschung u.v.m.
- Aktiv bleiben: Angesichts der eigenen Stilllegung und Begrenzung vermittele die Aktivität des Kochens und Backens Erlebnisse von Kreativität, Entwicklung und Selbstwirksamkeit, die stolz serviert und präsentiert werden können. Zum Teil entstehe jedoch auch Frustration, z.B. durch hoher Aufwand, fehlende Kompetenzen oder enttäuschende Ergebnisse.
- Perfektionsansprüche lockern: Die Corona-Zeit habe den „Blick für das Wesentliche geschärft und darüber auch eine Erdung für das Thema Ernährung bewirkt, das zuvor mit einem hohen Performance-Anspruch besetzt war“. Statt hoher Ernährungsideale stehe nun ein „gesundes Maß“ im Fokus.
Offenheit für kulinarische Lebensmittel
Zu den kulinarischen Lebensmitteln zählen zum Beispiel Feinkost und Fertiggerichte, Suppen und Brühen, Essig, Senf und Meerrettich, aber auch Desserts. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Veränderungstreiber habe sich die Offenheit für kulinarische Lebensmittel insgesamt spürbar verbessert, meint Rheingold und zieht als Fazit:
- Gelockerte Perfektionsansprüche und ein neuer Pragmatismus erhöhen die Akzeptanz von Convenience-Produkten.
- Gesundheit, Sicherheit und Hygiene rücken neu in den Blick und rechtfertigen verpackte und vorgekochte Lebensmittel.
- Alltagsnöte und der Wunsch der Gemeinschaftsbildung legitimieren Vereinfachung und einen konsensfähigen Geschmack.
- Neue Ambitionen zum Selber-Machen erfordern Hilfsprodukte, die inspirieren und zugleich Aufwand reduzieren und das Gelingen absichern.
- Verzicht auf breiter Front schaffe ein Bedürfnis nach Trost und unaufwändigen Genuss-Erlebnissen.
– Mehr zu geändertem Ernährungsverhalten durch Corona, findest du auch hier. –
Über die Studie
Für die Studie hat Rheingold 20 tiefenpsychologische Interviews (2-stündig) in Köln, Leipzig, München und Hamburg geführt (12 Frauen und 8 Männer, 25 bis 65 Jahre). Die gesamten Studienergebnisse sind findest du hier zum Download (PDF).
Mit Informationen von: Kulinaria Deutschland
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