Ein gekochter Edelkrebs

Im Krebsgang: Edelkrebse aus Mecklenburg-Vorpommern

Auf dem Weg zur Ostsee-Sommerfrische bietet die Mecklenburger Seenplatte einen schönen Zwischenhalt. In dieser malerischen Umgebung stolpert man über den „Krebsgarten“, eine Zucht für Edelkrebse. Ein Besuch.

Unweit des Schlosshotels Basthorst in Crivitz bei Schwerin liegen die Krebsbassins von Steffen Teufel und seinen Kompagnons. Hier züchten sie den deutschen Edelkrebs. Diesen hatte es im Zuge der Invasion amerikanischer Krebse, der Kamber- und Signalkrebse seit Mitte des 19. Jahrhunderts nahezu ausgerottet. Auch heute ist jeder zehnte dieser amerikanischen Krebsarten hier mit dem Schlauchpilz infiziert. Während die Infektion den amerikanischen Krebsen nichts ausmacht, verläuft sie bei heimischen Arten tödlich. Amerikanische Flusskrebse gäbe es in nahezu allen hiesigen fließenden Gewässern.

Aus dem Leben eines Krebses

„Um Infektionen zu vermeiden setzt man den Edelkrebs am besten in stehenden Solitär-Gewässern, also ohne Zu- und Ablauf aus“, erklärt Steffen Teufel. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es 20 solcher Seen mit Edelkrebspopulationen. Er selber verkauft seine Tiere mit einem Jahr, „Sömmerlinge“ mit bis zu 2 Jahren. Bis Speisekrebse auf dem Teller landen, benötigen sie 3 bis 5 Jahre, um 80 bis 120 Gramm Gewicht zu gewinnen. „Wir halten die Tiere jahrgangsweise. Im fortlaufendem Alter entwickeln sie territoriales Verhalten, so dass man pro Tier einen halben bis einen Quadratmeter Fläche kalkulieren muss“, erklärt der Krebszüchter.

Im Krebsgarten

Seine Begeisterung für die Krustentiere liegt bis weit zurück in die Kindheit, als er die Tiere wild gefangen hatte. Über dreieinhalb Hektar erstreckt sich nun die gesamte Anlage. „Das Land gehörte uns und wir überlegten was man damit sinnvolles tun könnte“, erläutert Steffen Teufel.

Neben dem Eingangstor liegt ein dicht bewachsener Puffersee, in dem sich Frösche, Kröten und Ringelnattern tummeln. Steffen Teufel überprüft die Reusen, heute sind keine Krebse drin. Noch ist die bunt gescheckte Australian-Sheperd-Hündin Lola aufgeregt. Aber sobald sie merkt, dass keine Gefahr droht, legt sie sich hin und döst in der Mittagshitze. Direkt hinter dem Teich liegen unter dem Schutz des rekonstruierten und modernisierten Dachs der ehemaligen Bergehalle einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft die Becken der Kreislaufanlage mit den Jungtieren.

Edelkrebse im "Krebsgarten Basthorst"
Edelkrebse im „Krebsgarten Basthorst“.
Foto: Johannes S. / Lebensmittelmagazin.de

„Im Frühjahr setzen wir die Muttertiere mit den befruchteten Eiern in Tonröhren in die Becken rein und warten, bis dass sie als Larven geschlüpft sind. Dann häuten sie sich nach einer Woche und sind Krebschen. Im ersten Monat häuten sie sich bis zu acht Mal“, erklärt der Krebszüchter. Weil die Tiere nach dem Häuten so weich sind, sind sie in der Zeit besonders verletzlich. Die ehemalige Bergehalle biete beispielsweise Schutz vor Libellenlarven. „Während die Krebschen Mückenlarven sogar gerne fressen, werden sie wiederum von Libellenlarven gefressen“, erklärt Teufel. Die Überlebensrate für die Krebsbrut sei in der Natur recht niedrig. Nicht nur Libellenlarven stellen eine Gefahr dar, „neulich hatten wir trotz Zaun amerikanische Nerze auf dem Gelände, die einen großen Teil des Bestands geräubert hatten.“

Wer die Krebse bestellt, muss sie auch zahlen

Der große Anteil an Krebsen wird für Zierteiche verkauft. „Krebse erfüllen in einem Biotop wie einem Zierteich wichtige Aufgaben. So fressen sie beispielsweise abgestorbene Pflanzenteile. Dass ich sie direkt in natürlichen Teichen züchte, ist übrigens wirtschaftlich nicht möglich. Sie kämen sofort auf die Rote Liste. Das heißt ich kann sie reinsetzen, aber nicht wieder entnehmen.“ Renaturieren sei eine gute Sache, „aber jemand muss es bezahlen“, meint Steffen Teufel, der die Anlage rein privat bewirtschaftet. In der Vergangenheit hatte hier das Landesinstitut für Landwirtschaft und Fischerei ein Forschungsprojekt. Bundesweit gebe es ungefähr 60 Züchter. „Wir sind gut vernetzt untereinander, aber unser Wirtschaftszweig ist am Absterben.“ Heute finanzieren Unternehmen und Stiftungen, die sich auf Naturschutz berufen, die Renaturierung des Edelkrebses. Auch die Kreislaufanlage sei eigentlich für Aquaponik, also eine autarke, symbiotische Land-Aquawirtschaft konzipiert.

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Ein Heim für Krebse

Gegenwärtig züchtet er seine Krebse in insgesamt 11 ungefähr 50 Meter langen Bassins mit Platz für 20.000 Tiere auf der anderen Seite der Anlage. Voneinander unabhängig, werden diese mit Brunnenwasser versorgt, „falls mal was mit Krebspest sein sollte. Die Teiche haben wir im zugefrorenen Torfboden eigenständig ausgegraben. Danach wurden sie mit Geotextil ausgekleidet, wie im Straßenbau. Darüber kommt eine dünne Sandschicht, den die Krebse als Gastrolith brauchen. Außerdem sind in den Teich tausende von Dachziegeln, Restbestände von Dachdeckern versenkt, unter denen sich die Krebse tagsüber verstecken können. Denn sie sind nachtaktiv“, so Teufel. Das erklärt im Übrigen auch warum man in der prallen Mittagssonne kaum einen Krebs findet.

Das mit dem Gastrolith ist eine spannende Sache: „Vor dem Häuten entzieht der Krebs dem alten Panzer sämtliches Calcium, dass er im Magen an einem zuvor verschluckten Steinchen sammelt. Der alte Panzer wird abgestoßen und der Krebs zehrt vom zuvor gesammelten Calcium für den neuen Panzer“, erklärt der Krebszüchter.

Gewässerbedingungen wichtig

Bevor Krebse in ein neues Gewässer ausgesetzt werden, muss dieses laut dem Krebsexperten auf die richtigen Vorbedingungen umfassend untersucht werden. „Mit Netzen muss erst über Wochen festgestellt werden, was dort bereits so vorzufinden ist. Edelkrebse werden dann markiert und das Gewässer sollte über die kommenden Wochen weiterhin untersucht werden. Mit den Markierungen kann die zukünftige Krebspopulation mathematisch prognostiziert werden, was auch ungefähr hinhaut“, erklärt Steffen Teufel.

Ein teures Vergnügen

Einmal im Jahr übrigens, meistens Mitte August, bietet er in seiner Teestube ein kleines Stückchen weiter ein Krebsessen an. „Dazu sollte am besten vorbestellt werden“, rät der Krebszüchter. Die Krebssaison geht von Mitte August bis Mitte Oktober, seine Ware findet man allerdings nur in gehobener Sterneküche. „Da ist es dann auch kein Thema, wenn das Kilo Krebse ungefähr 60 Euro kostet. Wohlgemerkt, man isst dabei ja nur Schwanz und Scheren“, zwinkert Steffen Teufel.

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About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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