Harte Schale, köstlicher Kern

Zu den winterlichen Genüssen gehört Walnüsse knacken dazu. Einmal die Schale geöffnet, kann man sich die herbwürzigen Kerne schmecken lassen. Lebensmittelmagazin.de hat die Walnussmeisterei im brandenburgischen Herzberg besucht.

Hämmern und Klopfen dröhnen aus dem Holzneubau neben dem alten Hof der Walnussmeisterei in Herzberg. Beim Betreten des Hofs huscht ein Eichhörnchen mit Nuss in den Pfoten vorbei. Es ist ein eisiger Tag Mitte November: „Hochsaison für Walnüsse, bis etwa zum vierten Advent“, sagt Besitzerin Vivian Böllersen.

Wer knackt die Nuss?

Überall in den Gebäuden und Nebengelassen stapeln sich die Kisten mit verschiedensten Sorten an Walnüssen aus ganz Deutschland. Deren Verarbeitung soll für das Team von zweieinhalb Arbeitskräften plus zwei Praktikant:innen künftig im ordentlich isolierten Neubau geschehen, denn noch zieht es wie Hechtsuppe am Trockner und der Knackmaschine in der halboffenen Remise. Davor steht eine rote Trommel mit Wasseranschluss, in der die Walnüsse zunächst von Schmutz und Fruchtschalenresten nach ihrer Ankunft gereinigt werden. Im Trockner werden auf mehreren Rosten die Nüsse mittels eines Gebläses getrocknet. „Das kann mit Gas noch erhitzt werden. Angesichts der gegenwärtigen Gaspreise sparen wir uns das, dann dauert es eben ein bisschen länger, bis die Walnüsse trocken sind“, erklärt die Walnussmeisterin. Nebendran steht die Produktionsstraße der Knackmaschine. Auf zehn Metern werden zunächst die Nüsse angeknackt und das Gebläse pustet die losen Schalenteile bereits heraus, bevor sie ein weiteres Mal richtig geknackt werden. Am Sortierband werden dann die geschälten Nüsse final verlesen. Die Zwischenhäutchen in der Walnuss nennt man Kämbe, viel zu schade zum Wegwerfen übrigens. „Wir hatten mal einen indonesischen Praktikanten, der uns berichtete, dass in seiner Heimat daraus Tee gekocht werden würde, der das allgemeine Wohlbefinden steigern kann. Seitdem trinke ich auch Kämben-Tee, der auch ganz gut schmeckt“, berichtet Vivian Böllersen. Gesund ist auch die hirnförmige Nuss selber, mit ihrer Fettzusammensetzung und besonders viel Omega3-Fettsäure hilft sie unter anderem auch dem Denkapparat.

Voll auf die Nüsse

Die Nüsse und Nuss-Produkte von Vivian Böllersen sucht man im Supermarkt vergeblich, sie ist beinahe 100-prozentiger Direktvermarkter. Man findet sie online, auf Weihnachtsmärkten und in ausgewählten Feinkostläden. Und wie fällt die Ausbeute generell aus? „Frische Walnüsse vom Baum enthalten noch zu 50 Prozent Wasser. Einmal geschält beträgt die Masse der Nüsse bestenfalls ein Drittel. Wenn aus diesem noch Öl gepresst wird, verringert sich der Ertrag auf ein weiteres Drittel“, beschreibt die Expertin. Dieses Jahr fährt der Hof aber durchaus eine nennenswerte erste Ernte ein – nach sieben Jahren! 2015 erwarb sie viereinhalb Hektar Land in Velten im Norden von Berlin und pflanzte darauf 200 Walnussbäume von insgesamt 30 Sorten. Die Landwirtin erklärt: „30 Sorten – das war mehr aus experimentellen Gründen. Ich habe in Eberswalde Biolandbau studiert. Jetzt im Zuge des Klimawandels, wo wir nach Sommerdürre und Holzbock massives Waldsterben beklagen, ist die Nachfrage nach Nussbäumen groß. Diese wurzeln tiefer und sind dadurch resistenter, wobei der Wasserstand bei uns auch recht günstig liegt.“ Tatsächlich sind aber Nussplantagen in Deutschland sehr selten. „Die nächsten Walnuss-Gebiete mit Bioqualität findet man in Grenoble und dem Périgord oder in Moldawien. Der Großteil der konventionellen Ware stammt aus Kalifornien.“ Wo liegt denn der große Unterschied zwischen konventionellem und ökologischem Anbau von Walnüssen? Immerhin sind das Bäume, deren Geruch Insekten vertreiben soll, weswegen man sie gerne auf Privatgrundstücken anbaut. Die Landwirtin meint dazu: „Das war bis vor kurzem prinzipiell richtig. Walnussbäume brauchen nicht ganz soviel Pflege wie Obstkulturen zum Beispiel. Seit geraumer Zeit hat sich bedingt durch den Klimawandel jedoch die Walnussfruchtfliege ausgebreitet. Dagegen muss man im konventionellen Anbau spritzen, im ökologischen bleiben da nur wenig Möglichkeiten. Das Insekt sticht im Juli die grünen Früchte an, für die sich sonst überhaupt gar kein Tier interessiert, weil sie zu bitter sind. Folge des Befalls sind fleckige Nussschalen und nicht vernünftig ausgebildete Nüsse bzw. auch ein erhöhtes Risiko für Schimmelpilze. Bei Nüssen muss man diesbezüglich sehr aufpassen, da deren Schimmel gefährliche Aflatoxine enthalten kann.“

Allerlei Leckerei

Eine Möglichkeit, die noch so weit intakten Früchte rechtzeitig von einem befallenen Baum zu retten, ist das Einlegen von grünen, unreifen Walnüssen im Juni, um sie dann als „schwarze Nüsse im Sirup“ zu verkaufen. Durch Fermentation färben sich die Nüsse dunkel und schauen dann aus wie Oliven. Im vergangenen Jahr musste die Walnussmeisterei aufgrund von Frost und Walnussfruchtfliegen einen herben Ernteausfall verzeichnen. Dieses Jahr ist die Einfuhr und Auswahl umso üppiger, die Walnussmeisterin kann sich die Besten aussuchen. Aus der gesamten Bundesrepublik kauft Vivian Böllersen zudem die Nüsse von Hobbygärtnern – natürlich unter der Voraussetzung ihrer Qualitätsstandards. Diese werden hier nicht nur geknackt, sondern auch verarbeitet und veredelt.

Im eigenen, ausgesprochen hübschen Hofladen liegen die Säcke mit unterschiedlichen Nusssorten mit lustigen Namen wie die „dicke Polin“ und ihr Pendant, die „kleine Polin“. Darüber stehen in den Regalen Köstlichkeiten wie Schnaps und Likör von Walnüssen sowie Walnussöl. Aber auch kandierte und schokolierte Walnusskerne locken zum Knabbern. Draußen auf dem Gelände findet man eine kleine Walnussbaumschule, deren Setzlinge in Reih und Glied auf Käufer:innen warten, die ihnen eine neue Heimat bieten. Auf der Internetseite der Walnussmeisterei (https://www.walnussmeisterei.de/) findet man zusätzlich das Angebot von Workshops für den optimalen Anbau von Walnussbäumen.

Beitragsbild (oben): Yuliya Gorbunova – stock.adobe.com

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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