Schwimmt nicht: Pflanzliche Fisch-Alternativen

Ob gegrillt, paniert oder im Sushi – Fisch ist nicht nur köstlich, sondern enthält auch wichtige Nährstoffe. Doch der Genuss ist nicht ganz ungetrübt, viele Bestände sind überfischt. Lebensmittelmagazin.de hat deshalb pflanzenbasierte Alternativen gekostet.

Fischgenuss muss heute längst nicht mehr bedeuten, dass hierfür in Meeren und Seen geangelt oder mit Netzen gefischt wird. Immerhin gelten 35,4 Prozent der globalen Fischbestände als überfischt. Der Fischkonsum in Deutschland sank vergangenes Jahr um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr und liegt nun bei 434.413 Tonnen. Dies lässt sich in erster Linie wohl auf die Inflation und die hohen Preise für Fisch zurückzuführen.

Globale Proteinquelle Fisch

Weltweit sieht die Situation anders aus. So wurden 2020 90,3 Millionen Tonnen Fisch gefangen. Das sind 60 Prozent mehr als noch in den 1990er Jahren. Hinzu kommen 122,6 Millionen Tonnen Fisch aus Aquakulturen.

Immerhin werden aber 82,5 Prozent der gefangenen Fische von der FAO, der Food and Agriculture Organization oft he United Nations, als nachhaltig bewertet. Fisch und Meeresfrüchte machen global etwa 17 Prozent der tierischen Proteinquellen aus.

Fischerboote beim Fischfang in Asien
Jährlich werden viele Millionen Tonnen Fisch gefangen, die als tierische Proteinquelle weltweit eine wichtige Rolle spielen.
Foto: MICHEL – stock.adobe.com

Nutzen pflanzenbasierter Alternativen

Nach Sardellen und Alaska-Seelachs ist für die weltweite Fischerei der Echte Bonito, der bei uns für Thunfisch-Konserven verwendete Thunfisch, am wichtigsten. In Deutschland kommt Thunfisch in der Rangfolge der verzehrten Arten derzeit direkt nach Alaska-Seelachs und Lachs. „Anders als viele andere Thunfischbestände, sind die Bestände des Echten Bonitos alle gesund“, so Dr. Kristina Barz, die für das Angebot Fischbestände online“ des Thünen-Instituts in Rostock verantwortliche Wissenschaftlerin. „Aus dieser Sicht spricht also nichts gegen den Verzehr von Thunfisch-Konserven.“ Wer seine Ernährung aber grundsätzlich pflanzenbasierter gestalten möchte, findet in den neuen Produkten möglicherweise eine Alternative. Wichtig ist Dr. Barz noch der Hinweis, dass Fisch im Vergleich zur Viehhaltung in den meisten Fällen eine ökologisch vorteilhafte Quelle für tierisches Protein ist. Grundsätzlich sieht sie die Meere weniger durch die Fischerei bedroht, als durch die Folgen des Klimawandels und durch Einflüsse aus den Küstengebieten, wie Überdüngung und Verschmutzung.

Ein Schwarm Thunfische
Thunfisch ist einer der beliebtesten Speisefische weltweit und wird auch in Deutschland viel gekauft.
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Bestes Dosenfutter

Pflanzenbasiertes Seafood ist im Kommen. In den europäischen Ländern stieg der Umsatz zwischen 2020 und 2022 um 326 Prozent auf 43 Millionen Euro. Innerhalb von anderthalb Jahren schaffte es so unter anderem das deutsche Food-Startup BettaF!sh sich mit ihrer pflanzenbasierten Alternative zu Thunfisch auf dem Markt zu etablieren. Im Lebensmitteleinzelhandel liegen ihre Produkte direkt neben den klassischen Feinkostsalaten und Brotaufstrichen und ihre Tu-nah-Sandwiches werden als Alternative zum Sandwich mit Käse oder Schinken angeboten. Grundlage für die pflanzliche Fisch-Alternative sind heimische Hülsenfrüchte sowie maritime Algen, die in drei nordeuropäischen Farmen angebaut werden.

Im Vergleich zur konventionellen Dose Thunfisch sieht die pflanzliche Variante etwas pürierter aus. Auch der unmittelbare Geruch fällt beim ersten Eindruck etwas intensiver aus. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Bei der Verkostung auf der Pizza lässt sich kein großer Unterschied zum klassischen Thunfisch feststellen. Vor allem beim Vitello Tonnato dürften sich die feinen geschmacklichen Unterschiede unter Mayonnaise und Kapern nivellieren. Fazit beim Probieren: Kann man zubereitet gut essen. Auch blind verkostet ging Tu-nah als Thunfisch durch.

Der pflanzenbasierte Thunfisch von BettaF!ish in der Dose
Der pflanzenbasierte Thunfisch von BettaF!sh wurde auch auf der diesjährigen Anuga vorgestellt.
Foto: Koelnmesse/Anuga/Maxi Uellendahl

Fisch aus Pilzen

Ähnlich vielversprechend mutet der „Weißfisch“ des Berliner Start-ups Esencia Foods an, die seit August 2022 auf den Launch ihrer Fisch-Alternative hinarbeiten. Diese besteht aus Pilzmyzel auf Leguminosen-Substrat. Die genießbare Schimmelkultur sorgt durch die Fermentation für eine wünschenswerte Textur. „Das kann man sich weitestgehend vom Prinzip her wie Tempeh vorstellen“, erklärt Hendrik Kaye, Gründer und CEO von Esencia Foods. Das Ergebnis lässt sich mit Aromen sowie Farbstoffen auf Karotte- und RoteBete-Basis geschmacklich wie optisch beliebig modifizieren, egal ob Lachs-Tranche oder Thunfisch. „Wir haben jüngst die erste pflanzenbasierte Garnele entwickelt“, freut sich der Veggie-Pionier. Gibt es demnächst pflanzenbasierte Sashimi, also Fisch-Alternativen auch in roher Qualität? „Das ist derzeit auf jeden Fall einer der Meilensteine, auf die wir hinarbeiten“, stellt er in Aussicht. Und der Gründer sieht noch etwas Anderes: „Die Biomasse ist dermaßen vielseitig, dass sie auch für Fleisch-Alternativen interessant ist.“ Auf den Fotos sieht die Alternative durchaus appetitlich aus, man darf also gespannt sein.

Luxusfisch

Till Seidensticker ist Meeresexperte bei Greenpeace. Bekanntermaßen ist die Umweltorganisation grundsätzlich dem Fischkonsum bis auf wenige Ausnahmen gegenüber äußerst kritisch eingestellt. Seidensticker begrüßt die pflanzlichen Fischalternativen. „Der Genuss von Fisch sollte als Luxusgut verstanden werden. Unsere westliche Gesellschaft hat im Gegensatz zu vielen anderen auf dieser Erde vielfältige Möglichkeiten den Protein- und sonstigen Nährstoffbedarf abzudecken, sodass wir nicht auf Fisch angewiesen sind.“ Neben der Überfischung weist er noch auf die Problematik des Beifangs hin, wenn etwa andere Tiere wie Haie versehentlich ins Netz gehen. Der Experte macht auf ein weiteres wichtiges Detail aufmerksam: Zwar sind Seefische wichtiger Lieferant für die Versorgung von Omega-3-Fettsäuren, aber neben Pflanzenölen, wie Lein- oder Rapsöl, bietet auch Öl aus Meeresalgen wie der Mikroalge Schizochytrium dieselbe Omega-3-Grundlage wie Seefisch. Immerhin nimmt dieser die Mikroalgen ebenfalls mit der Nahrung auf.

Karottenlachs auf Baguettescheiben, pflanzenbasierter Fisch
Auch Zuhause kann man Fisch-Alternativen herstellen, z.B. Karottenlachs, der dem Original verblüffend ähnlich sieht.
Foto: shellygraphy – stock.adobe.com

Karottenlachs

Pflanzliche Fisch-Alternativen der ganz anderen Art lassen sich in der heimischen Küche selber herstellen, um beispielsweise am Wochenende den Frühstückstisch mit einer pflanzlichen Variante für Räucherlachs zu bereichern:

Zutaten:

300 g Karotten

2 Frühlingszwiebeln

1/2 Blatt Nori-Algen oder Kombu

2 EL Leinöl

1/2 TL Rauchsalz

1 EL helle Sojasauce

Karotten schälen, mit einem Gemüsehobel in dünne Streifen schneiden und in einem Dampfgareinsatz zwei Minuten dämpfen. Anschließend die Alge zerkleinern, Frühlingszwiebeln in dünne Röllchen schneiden. Karotten mit Algen und Frühlingszwiebeln in eine Frischhaltedose geben. Sojasauce, Leinöl und Rauchsalz miteinander vermengen. Marinade über die Karotten geben und gut vermischen. Karottenlachs im Kühlschrank über Nacht durchziehen lassen.

Artikel-Teaserbild (oben): Antonios Mitsopoulos/Lebensmittelverband Deutschland

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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