Lupinensamen im Glas

Vielen Dank für die Blumen: Sind Lupinen-Lebensmittel das neue Tofu?

Immer häufiger finden sie sich in deutschen Supermärkten: Lebensmittel aus Lupinen, von Lupinendrink und -mehl bis hin zu fertigen Lupinen-Bratlingen als Fleischersatz. Was ist das für eine Pflanze, die Soja Konkurrenz macht?

Bei sommerlichen Radtouren fährt man gelegentlich an Feldern vorbei, auf denen die Lupine mit ihren weißen, gelben, sowie violetten oder blauen Kerzen erblüht. Viele Insekten tummeln sich hier, vor allem Bienen und Hummeln finden reichlich Nektar zum Sammeln vor. Lupine kennt man auch in der Viehzucht als proteinreiche Futterpflanze.

Überraschenderweise findet sie sich tatsächlich aber auch eingelegt und mariniert zwischen bunten Antipasti, Capreseplatten und saftigen Bruschetta auf den Aperitif-Buffets norditalienischer Bars und Cafés, wo man sich bei Sprizz oder Negroni mit diesen kleinen Delikatessen für den Abend stärkt. Man sieht diese besonderen Bohnen auch hier beim italienischen Feinkoststand auf dem Wochenmarkt, neben Oliven und Orangenmarmelade.

Hülsenfrucht mit langer Geschichte

Bereits 2000 vor Christus bauten die Ägypter die Lupine an, die damals einen ähnlich wichtigen Stellenwert wie Getreide hatte. Im Mittelmeerraum taucht sie in 3000 Jahre alten Schriften auf, nur mussten die Menschen damals die bitteren und schlecht verdaulichen Alkaloide mit Meerwasser abwaschen, um sie bekömmlich zu machen. Im Viehfutter stören diese wiederum nicht sonderlich, die Lupine ist ein hervorragendes, proteinreiches Mastfutter; eine kleine Ausnahme bilden die Pferde, für die sie tatsächlich unbekömmlich ist.

Die „Wolfsbohne“

Der Name Lupine, das lateinische Wort Lupus für Wolf steckt drin, beruht auf einem Missverständnis: Die Lupine wächst auf sehr kargen Böden, sodass die Menschen in grauer Vorzeit davon ausgingen, die Pflanze würde den Boden seiner Nährstoffe berauben, ähnlich wie ein Wolf in der Schafherde.

Lupinen auf dem Feld
Lupinen wachsen auf Feldern, in Deutschland vor allem im Nordosten.
Foto: skostin1951 – stock.adobe.com

Vice versa leben tatsächlich Bakterien in den Wurzeln der Pflanze mit dem bemerkenswerten Alleinstellungsmerkmal, Stickstoff aus der Luft in der Erde zu speichern. Dies macht die Lupine zum perfekten Gründünger in der Landwirtschaft. Dabei handelt es sich um sogenannte Knöllchenbakterien, die an den tiefen Pfahlwurzeln der Pflanze leben; ihre Fähigkeit Stickstoff aus der Luft in die Erde zu binden, kann zu einer besseren Bodenfruchtbarkeit beitragen.

Wie schmecken pure Lupinensamen / Lupinenbohnen?

Ein kleines „aber“ bleibt: Unter kulinarischen Gesichtspunkten polarisieren die goldgelben Bohnen schon sehr: Der Geschmack der Lupinen am Feinkoststand ist käsig-bohnig, im Abgang etwas grasig und erinnert insgesamt schon sehr an Kuhfutter. Angesichts der überaus positiven Eigenschaften in ihrer Nährstoffzusammensetzung und dem Potenzial als alternative pflanzliche Proteinquelle, nahm sich das Fraunhofer Institut der geschmacklichen Herausforderung der Lupine an. 2015 gelangte es Forschern mittels Neuzüchtungen der Lupine zur sogenannten Süßlupine, den unangenehmen Geschmack der ursprünglichen Pflanze wegzuzüchten. Damit ergab es sich, eine adäquate Alternative zum Soja zu entwickeln.

Sojaalternative aus der Region

Der Verbrauch an Soja in Deutschland lag laut Verband der Ölsaatenverarbeitenden Industrie (OVID) 2016 bei 3,9 Millionen Tonnen, wobei lediglich 0,02 Millionen Tonnen davon selbst in Deutschland angebaut wurden, während insgesamt 1,3 Millionen Tonnen Bohnen und 1,6 Millionen Tonnen Schrot aus Brasilien importiert wurden. Brasilien selber baute 2016 rund 98 Millionen Tonnen Soja an. Der weltweit wachsende Hunger auf Soja und die gleichzeitig begrenzte Ackerfläche in Brasilien, dem Hauptanbauland, fordern dazu auf, über diverse nachhaltige Lösungen und Alternativen nachzudenken, insbesondere der allgemeinen Frage, wie der zukünftige Proteinbedarf einer stetig wachsenden Weltgemeinschaft zu sättigen sei. Aufgrund seiner unmittelbaren Regionalität – Lupinen werden vor allem in Nordostdeutschland angebaut – bietet die Lupine durch die wesentlich kürzeren Transportwege eine hervorragende Ökobilanz im Vergleich zu Soja.

Lupinensamen
Ganze Lupinensamen / Lupinenbohnen auf einem Markt.
Foto: Andrea77 – stock.adobe.com

Wie viel Eiweiß und Kohlenhydrate haben Lupinen?

Die folgende Tabelle vergleicht die Nährwerte Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett weit verbreiteter Hülsenfrüchte, zu denen auch Lupinen zählen:

Nährwerte von Hülsenfrüchten

Aus Lupineneiweiß wird Lupinenmilch und Fleischersatz

Mit ähnlichen Eigenschaften wie Soja ist die Produktpalette mit Lupine auf dem deutschen Markt schon recht eindrucksvoll; insbesondere das Reinprotein der Lupine bildet die Grundlage mannigfaltiger Produkte, wie Pflanzendrink als vegane Milchalternative, Pudding oder Mayonnaise, verarbeitet in Dips und Cremes und sogar leckerer veganen Eiscreme; auch Pflanzen-Wurstwaren und Fleischalternativen aus Lupine können mit ihrer Proteinzusammenstellung gegen Fleisch mithalten.

Lupinen-Lebensmittel
Verschiedene Lupinenprodukte als Fleisch-, Milch- und Mehlalternativen.
Foto: Kassiopeia777 (CC BY-SA 4.0)

Mit Lupinenmehl backen

Erwähnenswert ist auch das Süßlupinenmehl, bzw. -flocken, die bei einer Low-Carb-Ernährung beispielsweise im Teig mitverarbeitet werden können. Mit ihrer Bindungsfähigkeit kann die Lupine Eier ersetzen und als Fettersatz aus einer Praline eine kalorienreduzierte Variante zaubern, allerdings ohne die geschmackstragende Eigenschaft von Fett. Man sollte aber drauf hinweisen, dass die Lupine als Schmetterlingsblütler ähnlich wie ihre Verwandte die Erdnuss das Risiko des Allergens in sich birgt.

Süßlupinenmehl im offenen Glas
Süßlupinenmehl bietet viele Verwendungsmöglichkeiten. Foto: lantapix – stock.adobe.com

Wo kann man Lupinen-Produkte kaufen?

Während man im regulären Supermarkt meist noch danach suchen muss, findet man das eine oder andere Produkt mit Lupine bereits in Biosupermärkten und Reformhäusern. Als Antwort auf die Fragen eines sukzessiv erstarkenden Bewusstseins für Nachhaltigkeit in unserer globalisierten Welt überzeugt die Lupine als Rohstoff und zusätzliche Grundlage unserer Lebensmittel mit ihrem Potenzial, mittelfristig aus dem Schatten eines Nischenprodukts heraustreten zu können.

Trotzdem: Beim nächsten Spaziergang nicht einfach am Wegesrand drauflosfuttern, um sich nicht der Gefahr auszusetzen – wie oder etwas anders als die Pferde – buchstäblich ins Gras zu beißen.

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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