Kulinarisches Köln, das ist Kölsch, Halve Hahn und Kölscher Kaviar (Blutwurst). Eines der beliebtesten Museen Deutschlands feiert aber ein anderes Lebensmittel: Schokolade. Lebensmittelmagazin.de hat sich umgeschaut.
„Sie ist ganz leicht mit sich zu führen und als Nahrungsmittel zu verwenden und enthält auf kleinem Raum viel nährenden und anregenden Stoff. Man sagt zu Recht, in Afrika helfen Reis, Gummi und Sheabutter den Menschen durch die Wüste. In der neuen Welt haben Schokolade und Maismehl ihm die Hochebenen der Anden und ungeheure unbewohnte Wälder zugänglich gemacht.“
Alexander von Humboldt, Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien, 1812
Politischer Genuss
Dieses Zitat hängt direkt am Eingang der Ausstellung des Schokoladenmuseums in Köln. Ob die politischen Aussagen darin 200 Jahre später noch so haltbar sind, ist diskutabel. Andererseits zeigt sich so, dass Schokolade schon damals politisch war. Heute stehen in diesem Kontext Fragen der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit mehr denn je im Raum, wie Pressesprecher Klaus Schopen erläutert.
Aktuell startet die Ausstellung mit Informationen über die Herkunft des Kakaos, dem Rohmaterial der Schokolade. Auf einer interaktiven Weltkarte leuchten die Länder innerhalb des Kakaogürtels, also zwischen dem 23. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators auf. Kakao-Exportweltmeister ist die Elfenbeinküste mit rund 1,6 Millionen Tonnen Rohkakao in 2020. Um über die Hintergründe der ökologischen und sozialen Bedingungen informiert zu werden, müssen sich die Besucher:innen gegenwärtig ein wenig gedulden, ein Großteil der Ausstellung befindet sich im Umbau.
Nach der Fertigstellung werden dann die Bedingungen und Entwicklungen bezüglich der von den Vereinten Nationen verabschiedeten Maßnahmen zum Klimaschutz erläutert. Die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG) beinhalten beispielsweise den Ausbau der Infrastruktur, saubere Energie, Ressourcenschutz, aber auch soziale Aspekte wie Bildungschancen und Geschlechtergleichheit. Der Pressesprecher gibt zu bedenken: „Innerhalb der vergangenen 30 Jahren hat sich vieles verbessert und auch gegenwärtig ist diesbezüglich viel in Bewegung. Denn, das muss auch gesagt werden, wir sind bei aller Anstrengung noch lange nicht am Ziel.“
Das erste seiner Art
Von einem Riesenrad flankiert, ragt das Schokoladenmuseum auf der Landzunge des ehemaligen Rheinauhafens wie ein Schiff in den Rhein. Es ist schon von weitem erkennbar und prominenter Teil des Kölner Panoramas. Zum 150. Jubiläum der Schokoladenmarke Stollwerck präsentierte Inhaber Hans Imhoff seine Schokoladen-Sammlung im Rahmen einer Ausstellung u. a. mit mesoamerikanischen Artefakten im Kölner Gürzenich. Der Besucherandrang damals war so enorm, dass der Schokoladenfabrikant die Ausstellung in einem neuen Museum dauerhaft zur Verfügung stellte. Mit Baumaßnahmen nach den Entwürfen von Professor Fritz Eller, der sich zuvor schon für den Düsseldorfer Landtag als Architekt verantwortlich zeigte, wurde 1993 das Museum eingeweiht. „Damals war es in Europa das einzige seiner Art, aber auch wenn es heute mancherorts Schokoladenmuseen gibt, bleibt das Kölner Schokoladenmuseum das umfangreichste und eines der beliebtesten Museen Deutschlands mit jährlich rund 550.000 Besuchern“, meint Museumssprecher Klaus Schopen.
Auf dem Weg zum Genuss
Schwülwarme Luft und feiner Nebel empfängt die Besucher. Im Tümpel blühen die Seerosen und in den exotischen Bäumen hängen Orchideen. Fast erwartet man Äffchen, Paradiesvögel oder Flughunde. Eine Besonderheit des Schokoladenmuseums ist dieses integrierte Tropenhaus mit seiner Pflanzenpracht rund um den Kakaoanbau.
Eine Etage höher gibt es Einblicke ins Handwerk: Damit aus den herben, fermentierten Kakaobohnen glänzende, köstliche Schokolade wird, sind eine Menge Arbeitsschritte erforderlich, die hier maschinell in der gläsernen Schokoladenfabrik präsentiert werden. Nach dem Rösten im Kessel werden die Kakaobohnen aufgebrochen und zermahlen, bis im dünnen tröpfelnden Rinnsal erste Kakaomasse herausläuft. Diese wird dann gemischt, gerührt, erhitzt und final conchiert, bis zu guter Letzt ein satter Strahl Schokolade in die Täfelchen-Formen gedrückt wird.
Genuss für Groß und Klein
Innerhalb der gläsernen Rotunde des Schokoladenmuseums wartet auf die Besucher:innen ein wunderschöner, goldener Brunnen in Form eines Kakaolebensbaums, aus dem unermüdlich und fortwährend Schokolade sprudelt. Mitarbeiter:innen halten Waffeln bereit, die sie für die hungrigen kleinen und großen Besucher:innen in das köstliche Labsal tauchen. Gegenwärtig steht die Büste von Dirk Nowitzki aus Schokolade neben dem Brunnen.
Welchen Luxus der Genuss von Schokolade in der Vergangenheit bedeutete, lässt sich im weiteren Verlauf der Ausstellung anhand der aufwendigen Silberwaren und des edlen Porzellans ungefähr ermessen. Dem gegenüber vermitteln Objekte, Statuetten und rituelles Werkzeug die Herkunft und Ursprünge aus Mesoamerika. Dass Schokolade auch heute noch kostbaren und aufwendigen Genuss bedeuten kann, zeigt wiederum die Ausstellung über die Confiserie, jenem Teilgebiet der Konditorei, in der unter anderem Pralinen und Hohlfiguren handwerklich hergestellt werden. In historischen Hohlformen rotieren hier die Maschinen und Konditor:innen zeigen mit Hingabe den Besucher:innen ihr Handwerk. Die entsprechenden Produkte können auch direkt käuflich erworben werden. Ist es die vielfältige, sinnliche Ausstellung oder nicht zuletzt doch das in der Schokolade befindliche Serotonin, weshalb man das Museum ziemlich glücklich verlässt?
Artikel-Teaserbild (oben): Schokoladenmuseum Köln