Konservendosen gelten als optimale Lebensmittelverpackung.

210 Jahre Konservendose: Frisch vom Blech

Vor 210 Jahren kam die Konservendose zur Militärtruppenversorgung auf den Markt. Zum heutigen „Tag der Konservendose“ zählen für uns mal nicht nur die inneren Werte, wie in dem Fall vielleicht ein Eintopf, sondern die scheinbar zeitlose Hülle.

Ob Peter Durand, als er sein Patent anmeldete, sich jemals hätte vorstellen können, dass seine Konservendose über 200 Jahre später, während der Corona-Pandemie, noch mal einen richtigen Run erlebt? „Im März hat sich der Markt der ungekühlten Suppen und Eintöpfe bedingt durch die Hamsterkäufe mehr als verdoppelt und auch wenn sich jetzt die Situation wieder weitestgehend normalisiert hat, liegt das Niveau in den Sommermonaten immer noch zehn Prozent oberhalb des Standards“, erklärt Julia Schäfer, Senior Brand Manager bei der GB Foods Production Deutschland GmbH, zu der auch die Marke Erasco gehört. „Grund hierfür ist der verstärkte Konsum zu Hause bedingt durch Homeoffice, geschlossene Kantinen und Außer-Haus-Optionen“.

Am Lübecker Standort arbeiten rund 350 Mitarbeiter für ein breites Portfolio an Eintöpfen und Suppen als Fertiggericht in Konservendosen, vom Hühnernudel- und Grünen-Bohnentopf bis hin zum indischen Gemüsecurry oder der Kürbis-Karottensuppe mit Quinoa und Ingwer.

2 Milliarden Dosen im Jahr

Jährlich gehen circa zwei Milliarden Lebensmitteldosen aus Weißblech über die Ladentheke. Jeweils ein Drittel machen davon Fisch- und Meeresfrüchte-Konserven, wie beispielsweise der Thunfisch oder Hering in Tomatensoße, sowie Obst und Gemüse aus – man denke dabei an die Pfirsiche oder Bohnen aus der Dose. Immerhin 15 Prozent fallen aber auch auf Fertiggerichte wie Suppen und Eintöpfe, gibt der Verband der Metallverpackungen auf Basis von Euromonitor-Daten von 2018 an.

Obst und Gemüse sind beliebte Lebensmittel in Konserven.
Obst und Gemüse sind beliebte Lebensmittel in Konserven.
Foto: Olena Mykhaylova – stock.adobe.com

Die optimale Verpackung

Als Lebensmittelverpackung bietet sich die Konservendose optimal an. „Natürlich hat jede Verpackung ihre Vor- und Nachteile“, so Schäfer. „Bei der Konservendose hat der Verbraucher keine Möglichkeit das Lebensmittel unmittelbar zu sehen. Es suggeriert weniger Frische und wird mit der Versorgung im Krieg assoziiert. Die Konserve als Verpackung polarisiert den Verbraucher zwischen Stammkäufern und denjenigen mit Berührungsängsten, insofern bot der Corona-Lockdown auch eine Gelegenheit für viele Neukundinnen und -kunden mal Fertiggerichte in Konserven auszuprobieren“. Ein beachtlicher Vorteil gegenüber anderen Verpackungen ist, auf Konservierungsmittel verzichten zu können.

Wie zu Omas Zeiten

Die ausgewählten Zutaten werden sorgfältig geputzt und gewaschen, in kleine Stückchen geschnitten und nacheinander in die Dose gegeben. „Um Suppen und Eintöpfe in Dosen haltbar zu machen, verwendet man dasselbe Verfahren, wie früher unsere Großmütter beim Einkochen oder Einmachen“, erklärt die Senior Brand Managerin. Die Zutaten werden mit ausreichend Flüssigkeit als Aufguss je nach Rezeptur verschieden gewürzt zubereitet. „Für ein optimales Geschmacksergebnis werden alle Zutaten nacheinander in die einzelnen Dosen gegeben, dann verschließen wir alles luftdicht und garen das Gericht gleichmäßig so kurz wie möglich, aber so lange wie nötig. So werden die wertvollen Zutaten gut geschützt, so dass sie lange haltbar bleiben.“

Einmal in der Konserve erhitzt, sind sämtliche Mikroorganismen abgetötet und neue haben durch den geschlossenen Raum keine Möglichkeit zum Lebensmittel durchzudringen, solange die Konserve geschlossen ist. Bis zu drei Jahren erhält sich so die Qualität der Gerichte.

Kreativität keine Grenzen gesetzt

Konservenprodukte bieten Komfort und sind leicht zuzubereiten, jedoch gibt es auch die Möglichkeit, sie weiter zu verfeinern oder neu zu kombinieren: „60 Prozent der Verbraucher individualisieren unsere Suppen und Eintöpfe. Darunter fällt bereits Salz, Pfeffer oder Maggi, aber auch mit Saurer Sahne, Senf oder frischen Kräutern sind den Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt“, sagt die Senior Brand Managerin.

Nicht nur für Metalfans

Von allen Verpackungsmaterialien erzielt Verpackungsstahl in Deutschland mit über 90 Prozent die höchste Recyclingquote und schlägt damit sogar Glas und Papier. Im Gegensatz zu Kunststoffen bieten Lebensmitteldosen im Recyclingkreislauf unendliche Wiederverwertung. Verluste der wertvollen Rohstoffe entstehen bei den Verbraucher:innen, wenn sie aus Unwissenheit und Unsicherheit ihren Hausmüll nicht sinnvoll trennen. Das ist bei knapp der Hälfte der Fall. Konservendosen, die über gelbe Tonnen oder Säcke in dualen Systemen wie dem grünen Punkt entsorgt werden, können mit Magneten aussortiert und dann im Stahlwerk zu neuem Rohstahl verarbeitet werden, bereit zur Wiederverwertung neuer Produkte, wie beispielsweise Lebensmitteldosen.

Für Aufklärung und Bewusstsein sorgt die europäische Brancheninitiative „metal recycles forever“, die mit einem für die Kampagne entworfenen Logo Aufmerksamkeit für die Recycling-Optimierung generieren will. Auch Erasco unterstützt diese Nachhaltigkeitskampagne und bedruckt 10,5 Millionen Suppen- und Eintopfdosen mit dem Logo.

Konservendosen lassen sich sehr gut recyceln.
Konservendosen lassen sich sehr gut recyceln.
Foto: SINNBILD-Design – stock.adobe.com

Sicherheit von Konservendosen

Ein bisschen vergeht der Appetit, sobald man Konservendosen im Zusammenhang mit Bisphenol A (BPA) googelt: Fast kein Clickbait-Artikel, bei dem nicht vom Sterben schon in der Überschrift die Rede ist. BPA ist Bestandteil von Innenlacken von Konservendosen und ist funktional für die Flexibilität und Elastizität der Kunststoffe verantwortlich. Saure Lebensmittel, wie beispielsweise Sauerkraut würden Konservendosen ohne Innenlack korrodieren lassen.

BPA steht im Verdacht hormonell wirksam zu sein, die Langzeitfolgen der Freisetzung nach einem Lebenszyklus für Mensch und Umwelt sind noch unbekannt. Aber die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat 2015 ein Gutachten zur umfassenden Neubewertung der Exposition gegenüber Bisphenol-A und dessen Toxizität veröffentlicht und „kommt zu dem Schluss, dass BPA bei der derzeitigen Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt. Die Exposition über die Ernährung bzw. eine Kombination verschiedener Quellen (Ernährung, Staub, Kosmetika und Thermopapier) liegt deutlich unter der sicheren Obergrenze“. Trotzdem wurde der Grenzwert für BPA seit 2018 um mehr als das zehnfache gesenkt.

Industrie arbeitet an Alternativen

In ihrem Statementpapier zu BPA versichert auch GB Foods Production Deutschland GmbH die Sicherheit ihrer Produkte und den Schutz der Gesundheit ihrer Verbraucher. Natürlich arbeitet Erasco, wie die gesamte europäische Lebensmittelindustrie, zusammen mit ihren Partnern an alternativen Dosenlacken, die aber auch erst in Langzeitlagertests überprüft und bewertet werden müssen, bevor sie BPA-haltige Lacke ablösen können.

„Bestuntersuchte Chemikalie aller Zeiten“

Trotz EU-weiten Gesamtbeschluss ist Frankreich vorgeprescht und hat BPA komplett verboten. Was ist der Grund für die Panik dort? Dr. Sieglinde Stähle, Lebensmitteltechnologin und Teil der Wissenschaftlichen Leitung beim Lebensmittelverband Deutschland, winkt ab: „Die entscheidendste Konsequenz davon ist, dass es eben bestimmte Produkte in Frankreich nicht mehr gibt.“ Konservendosen seien in diesem Zusammenhang nur ein Nebenschauplatz, es ginge in erster Linie um Kunststoff und die Verwendung in Nicht-Lebensmitteln, wie beispielsweise Kassenbons auf Thermopapier.

„Bisphenol A ist die bestuntersuchte Chemikalie aller Zeiten“, ist die Expertin für Lebensmittelsicherheit und -hygiene überzeugt. „Der größte Fehler sind in dem Zusammenhang NGO-getriebene politische Entscheidungen ohne wissenschaftlichem Fundament“.

Der Gesetzgeber habe zweistufig reagiert: BPA ist im Zusammenhang mit Säuglingsnahrung und Gegenständen wie Babyspielzeug verboten. Und allgemein ist der Grenzwert für BPA verschärft worden von 0,6 Milligramm auf 0,05 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel. „Natürlich ist BPA angezählt“, sagt Sieglinde Stähle. Die letzte Regelung sorge aber für eine befriedende Situation.

Lebensmittel aus Konservendosen sind sicher und die Dose steht weiterhin hoch im Kurs. Am heutigen „Tag der Konservendose“ jährt sich die Patentierung durch den Briten Peter Durand zum 210. Mal.

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

2 thoughts on “210 Jahre Konservendose: Frisch vom Blech

  1. Hat sich denn in den letzten 3 Jahren etwas an der Innenbeschichtung getan, siehe Erasco im Text, oder ist das nur eine Phrase um weiterhin möglichst günstig produzieren zu können?

    Ich beschäftige mich mit dem Thema, da ich wiederholt Konserven hatte die nach Eisen schmeckten und wurde vom Verbraucherschutz auf das Thema BPA und „CdB“ verwiesen.

    Schade, dass es so wenig Alternativen gibt. Wie bei Bio würde ich dafür deutlich mehr bezahlen… Eintöpfe in Gläsern gibt es ja kaum – wenn, dann nur als Delikatesse und Handmade für 8€.

    1. Die Situation der geeigneten Innenbeschichtung von Konservendosen ist seit Jahren Gegenstand von Forschung und Entwicklung. Das Ziel ist, epoxidharzbasierte Lacke unter Verwendung zu Bisphenol A (BPA) zu substituieren. Im Hinblick auf ein möglicherweise kommendes Verbot der gezielten Verwendung von BPA (in Diskussion) laufen diese Bemühungen derzeit auf Hochtouren. Konservendoseninnenlacke müssen extremen Bedingungen standhalten: Sterilisationstemperaturen, stark saure und salzhaltige, d. h. aggressive Füllgüter und langjährige Haltbarkeiten, wodurch ein einfacher und gleichzeitig rechtskonformer Austausch von Stoffen nicht so einfach möglich ist und langjährige Tests erforderlich macht. Alle potentiell verwendbaren Stoffe müssen den rechtlichen Anforderungen für Lebensmittelkontaktmaterial und der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit entsprechen. Das sind zusammengefasst die Gründe, warum es in den vergangenen drei Jahren zwar Fortschritte, aber keinen vollständigen Ersatz geben konnte.

      Die Innenlackierung als solche bzw. deren Zusammensetzung hat sensorisch keinen Einfluss auf das Füllgut – BPA lässt sich nicht am Geschmack erkennen. Ein „Eisen- oder metallischer Geschmack“ wird durch das Weißblech selbst und durch Korrosion verursacht. Das ist eher ein Zeichen, dass der Innenlack keinen ausreichenden funktionellen Schutz für das Füllgut bietet (zu dünn, mit Fehlstellen etc.).

      Glasverpackungen sind grundsätzlich geeignete Alternativen, haben jedoch Nachteile (Eigengewicht, Splittergefahr, Kosten…)

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